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in Anspruch. Darum fliegen sie auch schon morgens früh aus und
arbeiten bis zum späten Abend. Wollten sie bloß für den einen
Tag sammeln, so würden sie bald genug baden; sie wissen aber,
daß eine Zeit kommt, in der es keine Blumen gibt, in der sie also
auch nicht sammeln können. Das ist der Winter, Daher sind sie
jetzt um so fleißiger und legen sich einen Vorrath für die schlimme
Zeit an, einen so großen Vorrath, daß der Mensch noch oft einen
Theil davon bekommen kann. Die Bienen sind also fleißige und
nützliche Thiere.
Auch ohne die Lindenblüten zu sehen, kann man es doch merken,
wenn man in ihre Nähe kommt. Wir merken einen süßen Geruch,
denn sie duften stark. Die Hollunderblüte duftet auch. Ihr Duft
ist aber ganz anderer Art. Merke dir jetzt den Geruch dieser bei-
den Blüten; ich will hernach sehen, ob du bei geschlossenen Augen
unterscheiden kannst, welche derselben ich dir unter die Nase halte.
Auch andere Blumen kann man an dem Geruch erkennen. Hier
sind noch zwei, eine Rose und eine Reseda. Schließe die Augen
und sage mir, welche ich Dir zum Riechen gebe!
Wie schon vorhin bemerkt, blühen jetzt nur wenig Bäume mehr.
Die Blütezeit der meisten war im Frühling. Da waren manche
wie mit Blüten übersäet, und die Obstgärten (die Aepsel-, Birnen-,
Pflaumen- und Kirschbäume) prangten in ihrem schönsten Schmucke.
Welcher von ihnen blühete röthlich? welcher weiß? — Auch andere
Bäume als solche, die im Obstgarten stehen, blüheten zur selbigen
Zeit; manche ersreueten uns im Garten, z. B. die Kastanie, der
Goldregen, der Flieder (Syringa); andere auf dem Felde und im
Walde, z. B. die Birke, die Eiche, wie ihr aus unserm damaligen
Spaziergange gesehen habt.*) In welcher Farbe blühete denn der
Flieder? die Eiche? der Goldregen?
f. Früchte. Aus den Blüten sind Früchte entstanden, von
welchen einige schon reis geworden sind (Kirschen), andere (Pflaumen
und Birnen) nach einigen Wochen, viele (Aepsel, Nüsse, Zwetschen rc.)
aber erst im Herbste reis werden. Der Herbst ist die Zeit der Haupt-
ernte. Dann legt der Vater die große Leiter an den Baum und
steigt mit einem Korb hinan, um die goldwangigen Aepsel und
Birnen herunter zu holen. Denn geschüttelt darf der Baum nicht
werden, damit die Früchte sich nicht stoßen und hernach zu faulen
ansangen. Die Kinder stehen unten und sehen zu, und fällt dann
ein Apfel nieder, so freuen sie sich und heben ihn aus. Die vollen
Körbe bringen sie der Mutter, die gibt ihnen jeden Tag davon und
hebt einige bis zu Weihnachten auf. Die kommen dann an den
Tannenbaum oder mit andern schönen Sachen auf den Weih-
nachtstisch.
Aepsel, Birnen, Nüsse kann man essen, sind eßbar. Eßbare
Früchte heißen Obst, und Bäume mit Obst sind Obstbäume.
Obstbäume sind z. B. also der Apfel- und Birnbaum, der Pflaumen-,
*) Wenn möglich, so zeige der Lehrer den Schülern die Blumen in getrockneten
Exemplaren noch einmal vor.
— 8 —
gethan?" Der Knabe sagte: „Glaubst du denn nicht, dein großer
Götze habe seine kleinern Brüder erschlagend" „Nein," schrie der
Mann, „das glaube ich nicht! Noch nie hat er eine Hand bewegt.
Du hast es gethan, du böser Bube, und slir diese deine Bosheit
Will ich dich jetzt mit dem Stecken todt schlagen."
Allein der Knabe sagte freundlich: „O zürne nicht! Trauest
du deinem Götzen nicht einmal das zu, was ich mit meiner
schwachen Kinderhand vollbringen konnte; wie sollte er der Gott sein,
der Himmel und Erde erschaffen hat!" Der Heide verstummte,
dachte nach, zerschlug die noch übrigen Götzen, fiel auf die Knie
nieder und betete das erste Mal den wahren Gott an.
Wie selig ist, wer Gott erkennt
Und ihn mit Wahrheit Vater nennt. —
4. Gott ist dcr Schöpfer aller Dinge.
Der fromme Vater.
Ein Vater ging auf das Feld zur Arbeit. Sein Kind, das
erst sieben Jahre alt war, ging mit ihm. Es war ein schöner
Frühlingsmorgen. Das Kind lief voll Freuden neben dem Vater
her. Es ging eben die Sonne auf. Da nahm der Vater den
Hut ab und sagte etwas in der Stille. Das Kind sah es und
fragte den Vater, warum er den Hut abnehme und was er in
der Stille gesagt habe.
„Mein Kind," antwortete der Vater, „ich denke jetzt an Gott,
da ich die liebe schöne Sonne aufgehen sehe, und bete in der
Stille den gütigen, allmächtigen Gott' im Himmel an. Sieh',
mein Kind, Gott hat die Sonne und Alles, was du hier siehst,
erschaffen, und hat Alles, Alles so schön gemacht. Liebst du,"
fragte der Vater das Kind, „liebst du den guten Gott?" „O ja,"
sagte das Kind, und vor Freuden gingen ihm die Augen über.
Schau überall in die Natur,
Bewacht' deu Baum, das Feld, die Flur,
Und Alles ruft iu seiner Pracht:
Dcr liebe Gott hat mich gemacht.
5. Gottes Größe.
Ein jedes Gräslein lehret mich, Was ich sehe, ruft mir zu:
Wie groß ist Gott, wie klein bin ich! Gott. wie groß, wie gut bist du!
Ein jedes Wiesenblümchen spricht: Erde, Sonne, Mond und Sterne,
Vergiß des lieben Gottes nicht! Alles Nahe, alles Ferne,
Hat ein guter Gott gemacht;
Ihm sei Lob und Dank gebracht!
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und Pein und bittern Tod." Da ließ der Kaiser einen Kessel
füllen mit Oel, und Feuer darunter anfachen, und wie das Oel
wallte und brodelte, sprach er zu den Henkersknechten: „Zieht
den Knaben aus, und werfet ihn in den Kessel." Die thaten es,
und St. Vitus litt es geduldig, und da er in dem siedenden Oele
stand, hob er seine Augen und Hände empor und betete: „Herr
Jesu Christe, nimm auf meinen Geist!" Und die lieben Engel
kamen vom Himmel und thaten auf sein Haupt eine schöne Krone
und gaben ihin in die Hand einen Palmzweig und führten ihn
vor den Thron Jesu Christi. Jesus Christus aber sah den Knaben
an und lächelte süß und sprach: „Mein Kind, du hast um mei-
netwillen Schmerzen gelitten, dafür sind des Himmels Freuden
dein." Gibt es, liebes Kind, eine liebreichere Legende? Sie
geht dir gewiß auch sehr zu Herzen. Der heilige Vitus war noch
ein schwacher Knabe, und doch besaß er schon einen solchen festen
Glauben, daß er ihn allen Kostbarkeiten vorzog, ja, um seinet-
willen sogar des Martertodes starb. Wie unwürdig sind wir,
wenn wir uns mit diesem heiligen Kinde vergleichen. Wir wollen
aber gleich ihm Jesum Christum bekennen und für ihn leben und
sterben, damit wir mit St. Vitus einst auch an den Freuden des
Himmels Theil nehmen dürfen.
24. Das Gebet.
Wenn wir unser Herz zu Gott erheben, so beten wir. Beim
Gebet sollen wir nur an Gott denken, sonst ist es ein leeres
Lippengebet. Dieses aber hat bei Gott keinen Werth. Wir
sollen oft und freudig beten. So will es Gott. Wer nicht beten
mag, ist weder fromm noch gut. Haben wir recht gebetet, so ist
es uns wohl um das Herz. Man muß aber auch schön beten.
Halbe und verwirrte Worte gefallen Gott nicht. Die Hände
müssen schön gefaltet und der Blick muß himmelwärts gerichtet
werden. Wie ein Kind betet, daran sieht man am besten, ob es
gut oder nicht gut sei. Wer recht betet, dem wird alles wohl
gelingen. Gott verleiht'ihm seine Gnade, seinen Segen.
Dein-Gebet ist leerer Spott,
Denkst du nicht dabei an Gott.
25. Der selige Herrmann Joseph.
Legende.
Der selige Hermann Joseph war ein armer Knabe zu Köln.
Sein Haler und seine Mutter waren gar fromme und tugendhafte
Mittelkasse für ungeth. Schulen. 2
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46. Folge der Zucht deiner Eltern und Fchrcr!
Der Gärtner.
Ein Gärtner Pflanzte an der Garten wand ein Baümchen
von besonders guter Art. So wie es jährlich größer wurde, trieb
es starke Schößlinge. Der Gärtner aber schnitt mit jedem Früh-
jahre und jedem Sommer viele derselben ab. Es war wildes
Holz, wie er sagte, welches den guten Zweigen schade, ihnen die
Säfte nehme und sie ganz mit Schatten überziehe. Die Kinder
des Gärtners wunderten sich, und konnten das Benehmen des
Vaters nicht begreifen. Allein nach einigen Jahren gab das
Baümchen seine ersten Früchte, die den Kindern köstlich schmeck-
ten. Der Gärtner aber fuhr immer fort zu beschneiden.
Das Baümchen ist das Kind. Der Gärtner ist der Vater
und der Lehrer. Dem Kinde sind von Gott gute Gaben ertheilt
und herrliche Triebe. Diese arten aber leicht aus und verderben
das Gute an Leib und Seele, daher Vater und Lehrer am Kinde
stets zurechtweisen müssen. Dann wächst zuletzt ein liebenswür-
diger Jüngling und nützlicher Mann, eine gute Tochter heran.
47. Beherrsche deine Sinnlichkeit!
Die gekochten Birnen.
Eine Edelfrau brachte ihren Sohn Adolph als Edelknaben
an den fürstlichen Hof. Sie gab ihm beim Abschiede mit wei-
nenden Augen noch die schönsten mütterlichen Lehren. „Lieber
Sohn," sagte sie unter anderm, „trage Gott stets im Herzen,
und thue Alles, wie vor seinen Augen. Habe eine kindliche Ehr-
furcht gegen den Fürsten, deinen Herrn, und eine brüderliche
Liebe gegen deine Mitedelknaben. Besonders aber hüte dich vor
deinem Hauptfehler — der Naschhaftigkeit."
Adolph mußte den Fürsten bei der Tafel bedienen. Eines
Tages trug er eine silberne Schüssel voll Birnen auf, die in
Zucker gekocht waren. Es kam ihm eine große Lust an, eine zu
verkosten. Die Ermahnungen seiner Mutter fielen ihn: wohl ein;
allein er folgte nur feiner Sinnlichkeit. Noch vor der Thüre
des Speisesaales nahm er geschwind eine Birne und schluckte sie
begierig hinunter. Kaum hatte er aber die Schüssel auf die Tafel
gestellt, so fiel der unglückliche Knabe todt zu Boden. Die Birne,
die noch sehr heiß war, hatte ihm Hals und Magen verbrannt.
Die böse Luft mußt du bezwingen.
Sonst wird sie dir Verderben bringen.
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Erste Abtheilung.
Ueligiöse und moralische Lesestücke.
Gott.
1. Alles mit Gott.
Mit Gott steh' auf, so wird der Tag in das Buch des Le-
bens geschrieben: mit Gott schlaf' ein, so schlummerst du sanft
und kummerlos. Mit Gott zur Schule, so lernst du Worte des
Lebens; mit Gott in die Fremde, so kehrst du fröhlich und wohl-
behalten heim. Mit Gott fang an, so gelingt dein Werk; mit
Gott hör' auf, so folgt es dereiust dir nach. Mit Gott in Freuden,
so sind sie dir doppelt und ewig süß; mit Gott in Leiden, so
sind sie ertragbar und segensreich. Mit Gott in den Tod, so
wird er ein friedlicher Heimgang zum Vater; mit Gott in's
Grab, so ruhst du im Herrn bis zur herrlichen Auferstehung.
2. Gatt grüße dich!
Gott grüße dich! kein and'rer Gruß gleicht dem an Innigkeit.
Gott grüße dich! kein and'rer Gruß paßt so zu aller Zeit.
Gott grüße dich! wenn dieser Gruß so recht vom Herzen geht,
Gilt bei dem lieben Gott der Gruß so viel wie ein Gebet.
3. Es ist nur ein Gott.
Die Götzenbilder.
Ein frommer Knabe lebte in dem Hause eines Götzendieners
und sagte öfters zu ihm: „Es ist nur ein Gott, der Himmel
und Erde erschaffen hat. Er küßt die Sonne scheinen und läßt
regnen. Er sieht unser Thun und Lassen und hört unsere Gebete.
Er, der lebendige Gott, kann uns strafen und belohnen, erretten
und verderben. Diese Götzenbilder da sind nur aus Erde gemacht;
sie sehen und hören nicht, und können uns weder Gutes noch
Böses thun." Allein der Heide gab der Wahrheit kein Gehör.
Einmal ging nun der Mann über Feld. Da nahm der
Knabe einen Stecken und zerschlug die Götzenbilder. Nur das
größte ließ er ganz und gab ihm den Stecken in die Hand: Als
der Mann nach Hause kam, rief er zornig: „Wer hat das
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gewiß Niemand sieht." Anna sprach: „O mein lieber Jakob
meinst du denn wirklich, daß uns dort Niemand sehe? Weißt du
nichts von jenem Auge dort oben, das die Mauern durchdringt
und in das Dunkle sieht?" Jakob erschrack und sagte: „Du hast
recht, liebe Schwester! Gott sieht uns auch da, wo uns kein
Menschenauge sehen kann, wir wollen daher nirgends Böses thun."
Bedenke Kind, daß wo du bist,
Gott überall dein Zeuge ist!
14. Gott weis; Alles.
Von dem blauen Himmel, wo die Sternlein sind, sieht der
Vater freundlich her auf jedes Kind.
Jedes Sternlein blicket uns so freundlich an; strahlet Ruh'
und Frieden her auf Jedermann.
Und der Mond, der volle, bleichen Angesichts, spricht: „Der
Gott der Treue, ist ein Gott des Lichts!"
„Seine Sterne blicken euch ins Herz hinein, und die dunklen
Nächte sind ihm Sonnenschein."
„Nichts bleibt ihm verborgen, was ihr Menschen thut; liebe
Menschenkinder, seid doch fromm und gut.
Deines Kummers Thräne sieht er, eh' du weinst, freundlich
schickt er Hilfe, ehe du es meinst.
O darum vertraue, Kind, dem Vater doch! Keines, das
ihm traute, ward zu Schanden noch.
15. Gott ist hcitig und gerecht.
Der Hirsch.
Hubert war noch ein unmündiger Knabe, als sein guter
Vater, der Jäger zu Tannstein, tief im Walde von einem unbe-
kannten Wildschützen erschossen wurde. Die Mutter erzog den
vaterlosen Knaben, so gut sie konnte, und nach zwanzig Jahren,
nachdem er ein trefflicher Forstmann geworden war, erhielt er
den väterlichen Dienst.
Eines Tages jagte nun Hubert mit mehreren Jägern und
Jagdfreunden in dem Walde. Er schoß nach einem großen Hirsche,
fehlte, und in dem Gebüsche rief eine klägliche Stimme: „O Gott,
ich bin getroffen!" Hubert eilte hin und — sieh'! ein alter
Mann wand sich winselnd und röchelnd in seinem Blute. Die
ganze Jagdgesellschaft versammelte sich um den Sterbenden. Hubert
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Extrahierte Personennamen: Anna Jakob Jakob Gott Gott Hubert Hubert Gott Hubert
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aber kniete neben ihn hin, umfing ihn, bat ihn laut jammernd
um Vergebung, und betheuerte, daß er ihn nicht wahrgenom-
men habe.
Allein der Sterbende sagte: „Du hast mir nichts abzubitten.
Was bisher kein Mensch wußte, will ich jetzt offenbaren. Ich
bin jener Wildschütz, der deinen Vater erschossen hat. Gerade hier
unter dieser alten Eiche tränkte sein Blut weit umher den Bo-
den , und nun mußtest du, der Sohn des Ermordeten, ohne
Wissen und Willen, an eben der Stelle die Mordthat an mir
rächen!"
„Gott ist gerecht!" seufzte er noch, indem er verschied. Ein
Schauder drang allen Umstehenden durch Mark und Bein, und
einer aus ihnen rief:
„Es trifft, o Gott, dein Strafgericht
Früh oder spät den Bösewicht."
16. Gott der Wächter.
Wenn am Abend Mann und Kind, Schickt die stille Nacht hernieder,
Thier' und Vögel müde sind, Spricht zu ihr, nun decke du
Gott der Herr hat's schon gesehen, Alle meine Kinder zu,
Sonne heißt er untergehen, Bring' zur Ruh' die müden Glieder!
Sieh', da kommt die liebe Nacht,
Wieget uns in Schlaf ganz sacht;
Nur der liebe Vater wacht.
17. Die Rettung.
Zwei Mädchen gehen an einem Wintertage in ein benach-
bartes Dorf, wo die Pathe wohnt. Sie nehmen ihre Spinnrocken
mit, weil sie dort spinnen wollen. Am Abend machen sie sich
bei Zeiten wieder auf den Rückweg. Als sie nun auf der Höhe
im Tannenwalde sind, fängt es heftig an zu schneien und zu
stürmen, so daß die Kinder gar keinen Weg mehr sehen und nicht
vorwärts noch rückwärts können. Da kriechen sie am Rande
eines Hohlweges in eine kleine Höhle hinein, welche der Schnee
über ein Taunengebüsch hinweggewölbt hat; vorher aber stecken sie
ihre beiden Kunkeln oder Spinnrocken in einander, so daß eine
Stange daraus wird; dann binden sie oben ein rothes Sacktüch-
lein daran und stellen dieses Nothzeichen auf das Dach ihres
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sein Amt mit großer Sorgfalt zu verwalten; denn kein Schaf
wagt sich von der Heerde ab. Alle drängen sich dicht zusammen
und fressen das kurze Gras. Nur einige junge Lämmchen hüpfen
weiter, als sie sollen. Mit diesen scheint er es so genau nicht zu
nehmen. Sollte sich aber ein großes Schaf zu weit entfernen, so
wird er seinem Phylax ein Zeichen geben und dieser wird es her-
beitreiben.
79. Dic edle Tochter.
In China, einem Lande, das weit von uns gegen Morgen
liegt, werden Jedem, der sich an obrigkeitlichen Geldern vergreift,
die beiden Hände abgehauen. Einst hatte ein Beamter dieses
Verbrechen begangen, und folglich nach den Landesgesetzen diese
Strafe verdient. Seine Tochter wagte es, zu dem Kaiser zu
gehen und für ihren Vater zu bitten. Sie siel dem Kaiser zu
Füssen und sagte: „Ich weiß wohl, großer Kaiser, daß mein
unglücklicher Vater nach den Gesetzen bestraft werden muß. Hier
hast du meine beiden Hände dazu. Sie gehören auch meinem
Vater; aber sie sind zu schwach, eine so zahlreiche Familie zu
erhalten. Nimm sie also, und laß meinem Vater dafür diejeni-
gen, womit er, aus deinem Dienste gestoßen, nunmehr meinen
Großvater, meine Brüder und Schwestern, mich und sich ernähren
muß." Der Kaiser wurde durch die kindliche Liebe dieser Tochter so
gerührt, daß er um ihretwillen den Vater für diesesmal begnadigte.
80. Der alte General.
Ein alter General lebte auf seinem Rittergute, geliebt und
geehrt von seiner Nachbarschaft und gesegnet von den Armen,
welchen er reichlich Gutes that. Diesem edlen Manne starb sein
Sohn; da nahm er ein armes Mädchen seiner Verwandtschaft aus
Barmherzigkeit an Kindesstatt an. Das angenommene Mädchen
war sehr stolz, liebte nur Kleiderpracht und verachtete die Armen.
Dieses verdroß den guten, alten Herrn, und er nahm sich vor,
das Mädchen aus die Probe zu stellen. „Kind," sprach er eines
Tages zu ihr, „du machst mir vielen Kummer; du liebst nur eitle
Diuge und hassest die Armen. Ich bin alt und schwach, werde
bald sterben; wenn du daher meine Erbin werden willst, so bessere
dich! Ich reise jetzt über Land; hier hast du den Schlüssel zu
meiner Kasse; entlasse mir keinen Dürftigen mit leerer Hand, und
jeden alten ehrwürdigen Kriegsmann beschenke mir mit einem Du-
katen." Der alte General ritt fort. Da kam Abends ein alter
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